14.9 Individualisierte Betreuung in der Fattoria Gerbione

Alle Bewohner:innen leben einen eigenen, ganz individuellen Wochenplan, der mit ihnen zusammen entwickelt und festgelegt wird. Ihre Bedürfnisse und ihre formulierten Zielsetzungen sind darin aufgenommen. Das heisst auch: sie tragen damit eine Mitverantwortung bei der Zielerreichung. Alle 6 Monate wird der Förderplan mit den Bewohner:innen zusammen überprüft und angepasst.

Der Blick der Pädagog:innen richtet sich nicht auf die Defizite und Schwächen, sondern vielmehr auf die Kompetenzen und Bewältigungsressourcen. Wichtiger Bestandteil ist, dass die Jugendlichen die Gelegenheit bekommen drei Dinge zu erfahren und zu erkennen:

  • «Ich bestimme mit meinem Verhalten meine Entwicklung, mein Treten an Ort, meine Rückschritte und meine Fortschritte».
    => Veränderung und Selbstgestaltung sind möglich
    => Selbstwirksamkeitsprinzip
  • «Ich bin nicht mehr der/die Gleiche wie vor einem Jahr»
    => Rückblickend können prozesshafte Entwicklungen und Wechselwirkungen festgestellt werden. Die diagnostische Festlegung aus der Vergangenheit gilt nicht mehr.
    => Ich-Entwicklung durch Prozesse
  • «Mein Verhalten von früher kann ich heute besser verstehen».
    => Das frühere Verhalten, die damaligen Auffälligkeiten, Defizite und Schwächen sind ein Ausdruck von Bedürfnissen in der damaligen Situation. Eventuell können diese Auffälligkeiten sich auch als versteckte Talente zeigen.
    => Im begleiteten Alltag geschieht ein Umdeuten und Neudeuten.

Während des ganzen Aufenthaltes gilt der Grundsatz: Das Problem und seine Lösung gehören dem Bewohner/der Bewohnerin. Die Aufgabe der Pädagog:innen beschränkt sich auf die Unterstützung bei der Analyse und der Lösungsfindung und auf die Begleitung auf dem oftmals beschwerlichen Weg des Veränderungsprozesses.